Harte Arbeit
In den 50er und 60er Jahren war Astrid Lindgren unglaublich produktiv. Sie schrieb mindestens ein eigenes Buch im Jahr, sie reiste um die Welt und sprach über ihre Bücher, gab viele Interviews und schrieb Tausende Briefe - sowohl an ihre Freunde als auch Antworten auf Leserbriefe. Darüber hinaus arbeitet sie jede Woche an dem beliebten Radioprogramm „Zwanzig Fragen“ mit und las im Schwedischen Radio aus ihren eigenen Büchern vor. Nebenbei war sie für die erfolgreiche Kinderbuchabteilung von Rabén & Sjögren verantwortlich.
Zu der Arbeit gehörte es, Schriftsteller und Illustratoren zu treffen, Manuskripte zu redigieren, Absagebriefe zu schreiben, Stellung zu den ausländischen Publikationen des Verlags zu nehmen, jedoch auch, Schriftsteller zum Abendessen einzuladen und auf Buchhandelstreffen zu gehen, um die Bücher des Verlags zu vermarkten. Mehrere ihrer Talente kamen ihr dabei zugute: Sie konnte Klappentexte für die Bücher und Werbetexte für Kataloge schreiben und schnell und fehlerfrei Maschine schreiben sowie schnell lesen.
Der Kinderbuchverlag lief gut, war rentabel und die Anzahl Titel stieg ständig. Astrid wurde bei der Anwerbung von Schriftstellern und der Auswahl der Titel im Großen und Ganzen freie Hand gelassen. Sie sah einen Großteil der schwedischen Kinderliteratur heranwachsen. Lennart Hellsing, Harry Kullman, Åke Holmberg, Viola Wahlstedt, Anna-Lisa Lundkvist, Edith Unnerstad und später Barbro Lindgren und Hans Peterson und noch viele andere. Einige Schriftsteller, wie beispielsweise Lennart Hellsing und Harry Kullman, schrieben so gut, dass die Bücher bereits perfekt beim Verlag eingereicht wurden. Andere konnten oft ein paar Tipps und Empfehlungen gebrauchen, wie sie ihre Texte verbessern konnten. Astrid fand, dass die Einleitung eines Kinderbuches maßgeblich war. Sie sollte sofort Interesse wecken und nicht zu viel von dem jungen Leser verlangen. Sie fand es außerdem wichtig, sich einer Sprache zu bedienen, die Kinder verstehen und nachvollziehen können. Außerdem sollte das Buch ganz einfach gut sein.
Astrid blieb bis 1970 im Verlag und beteiligte sich an Diskussionen über Kinderliteratur und den Kinderbuchmarkt mit Artikeln und Beiträgen in unterschiedlichen Publikationen. Und sie hat in hohem Maße dazu beigetragen, den Status des Kinderbuchs zu erhöhen. 1958 schrieb sie „Darum brauchen Kinder Bücher“ in der Zeitschrift Skolbiblioteket. In diesem Artikel sprach sie davon, wie viel die Fantasie für uns alle bedeutet und dass „die Fantasie der Kinder Bücher braucht, um zu leben und atmen zu können“.
Ihr bedingungsloser, und für ihre Zeit nicht selbstverständlicher, Standpunkt lautete, dass Kinderbücher dieselbe Qualität haben sollten, die von Erwachsenenbüchern erwartet wird, und dass sie dieselben finanziellen Bedingungen bekommen sollten. Die großen Erfolge von Rabén & Sjögren waren den vielen guten Kinderbüchen zu verdanken, die sie im Laufe der Jahre herausgegeben haben. Darum war Astrid Lindgren sehr verärgert, als der Verlag ein Stipendium einrichtete und es einem Erwachsenenschriftsteller gab. Sie forderte sofort, auch ein Kinderbuchstipendium einzuführen, was auch geschah. Zum 60. Geburtstag von Astrid Lindgren im Jahre 1967 wurde der Astrid Lindgren-Preis gestiftet, der jedes Jahr verliehen wird. Sein erster Preisträger war Åke Holmberg.