Unsere Mutter Astrid
Die Liebe unserer Mutter zu ihrer Familie, ihren Eltern und Geschwistern, zu ihrem Mann, den Kindern und Enkeln war unveränderlich stark. Sie sagte, dass ihr die Mischung aus Freiheit und Geborgenheit, die sie in ihrem Elternhaus erlebt hat, Stärke für ein ganzes Leben gegeben habe. Die Geborgenheit bestand in der selbstverständlichen Zugehörigkeit zu einer großen Familie, in der sie, wie sie in einem Interview sagt, ”dahintrieb in einem Zustand” der Liebe der Eltern zu ihren Kindern, ohne dass viel Worte darüber gemacht wurden.
Selber kaum erwachsen, bekam sie ihr erstes Kind, meinen Bruder Lasse, und gründete damit ihre eigene, noch wichtigere Familie. Die Rahmenbedingungen waren jetzt andere. Sie war allein erziehend und trug allein die Verantwortung, mit nur so viel Geborgenheit, wie sie geben konnte. Wie sich zeigte, meisterte sie das hervorragend. Sie heiratete und bekam noch ein Kind, war aber weiterhin diejenige, die die Verantwortung für die Familie übernahm. Das konnte unsere Mutter wie keine andere Mutter, die wir kannten. Sie traf die Entscheidungen, die getroffen werden mussten, und griff ein, wo es nötig war. Für uns war sie der sichere Garant, dass das Leben sich schon irgendwie regeln würde.
Während wir uns sicher fühlten, machte unsere Mutter sich erstaunlich schnell Sorgen um uns, wenn wir unterwegs waren oder zu lange wegblieben; völlig unnötig, wie wir fanden. In ihrer grenzenlosen Fantasie malte sie sich ständig die tödlichen Unfälle aus, die uns zugestoßen sein mussten.
Natürlich gab es auch ganz reelle Anlässe zur Sorge in der Familie. Aber meist freudige.
Die Enkel wussten, dass sie von ganzem Herzen und mit größter Begeisterung Zeit mit ihnen verbrachte, mit ihnen spielte, ihnen etwas erzählte, und wie sehr sie sie vermisste, wenn sie nicht da waren. Einmal in der Woche lud sie ihre erwachsenen Kinder mit den Enkeln zum Essen ein, oder sie brachte etwas zu Essen vorbei, wenn wir krank waren, passte auf ihre Enkel auf und nahm sie mit auf Reisen. Wir konnten uns immer auf ihre tatkräftige Liebe zu uns verlassen.
Zwei Quellen gab es für ihre Lebensfreude, die stärker waren als alle anderen – die Familie und das Schreiben, und sie schien mit der Fähigkeit gesegnet zu sein, beides in einer Balance zu halten. Die eine Seite überwog nie die andere.
Karin Nyman, Tochter, 2008